Lahmende Pferde

An dieser Stelle möchte ich ein deutliches Wort der Mahnung und Warnung aussprechen.

Lahmende Pferde gehören in die Hände kompetenter Tierärzte, die sich in der Orthopädie spezialisiert haben. Sie sind kein Fall für irgend eine Art an Therapeuten, weder Physiotherapeuten noch Manualtherapeuten, Osteopathen o.Ä. Eine vollständige Lahmheitsdiagnostik (Palpation, (objektive) Gangbildanalyse, ggf. "Abspritzen" von Gelenken und Nerven und ggf. nötige Bildgebungsverfahren) ist bei anhaltenden Lahmheiten zwingend notwendig.

Es ist mir ein ernstes Anliegen, hierüber aufzuklären, denn dank TV-Formaten und selbsternannten Therapeuten ohne reiterlichen Bezug oder gar einer Ausbildung werden wir ausgebildeten Therapeuten häufig mit der Erwartung von Besitzern konfrontiert, mit ein bisschen Handauflegen oder Schnellimpulstechniken ein Pferd (oder auch Hund) mal eben wieder lahmfrei zu machen. Das kann nicht funktionieren und auch wenn TV-Formate so etwas suggerieren, möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es neuromechanische Erklärungen gibt, warum diese Tiere zunächst als "geheilt" erscheinen. Kurzum: Das Tier nimmt den Schmerz aufgrund einer Überlagerung von Reizen eine Zeit lang nicht mehr wahr, das Problem bleibt jedoch bestehen.

Tierärzte sind zunehmend gefrustet davon, dass ihnen Pferde mit massiven Schäden vorgestellt werden, wo - wenn überhaupt noch möglich - ein langer und teurer Heilungsweg ansteht. Es gibt Fälle, wo dies zu vermeiden gewesen wäre, wenn zeitnah der Weg in die Klinik gesucht worden wäre und sich nicht erst Therapeuten wochenlang an dem Problem verbissen hätten.

Zwei Wochen Praktikum in der Tierklinik Lüsche haben eindrucksvoll nochmal bewiesen, dass fast bei jedem Pferd, das lahmt, eine Ursache im Bewegungsapparat zu finden ist, die zunächst einer tierärztlichen Behandlung bedarf. Nur nach einer vollständigen Diagnostik kann diesen Pferden effektiv geholfen werden. Manualtherapeutische Behandlungen ohne Wissen über den genauen Grund der Lahmheit können diese im Zweifel entweder verschlimmern oder heben Kompensationen auf. Letzteres ist im ersten Moment zwar schön, weil das Pferd vermeintlich besser läuft, enden langfristig gesehen aber in einem größeren Schaden, weil das Pferd die erkrankte Struktur im Zweifel nicht mehr entlastet. Eine Verschlimmerung kann bis hin zu katastrophalen Folgen für das Pferd führen.

Mir ist bewusst, dass die Kosten für eine umfängliche Diagnostik hoch sind, aber sie werden immer höher, wenn das Pferd nicht zeitnah in passende tierärztliche Behandlung kommt. 

Ist am Ende eine tierärztliche Diagnostik erfolgt und es gibt den Rat, ein Pferd therapeutisch behandeln zu lassen, weil die Lahmheit z.B. aus einer Problematik im Rücken resultiert, können Sie mich gerne kontaktieren. Bitte lassen Sie mir dann die entsprechenden Befunde des Tierarztes zukommen.

Und was ist mit lahmenden Pferden, wo nicht festgestellt wird, woher die Lahmheit resultiert? An dieser Stelle muss ich zunächst fragen, was alles unternommen worden ist. Ist eine vollständige Lahmheitsdiagnostik in einer Klinik erfolgt? Ist sichergestellt, dass keine Gliedmaße eine Fraktur oder Fissur aufweist? Welche bildgebenden Verfahren wurden angewandt? Diese Fälle sind entweder nicht abschließend untersucht oder es gibt wirklich mal ein muskuläres Problem. In diesen Fällen schaue ich mir das Pferd nach Freigabe eines Tierarztes gerne an, teile Ihnen meine Eindrücke mit und stimme mit dem behandelnden Tierarzt das weitere Vorgehen ab. 

Zum Schluss ein paar eindrückliche Beispiele:

Pferd 1 wurde mit Halswirbelsäulenstenosen und Facettengelenksarthrose diagnostiziert, den Besitzern war eine leichte Lahmheit aufgefallen. Falsch verstandenes Mobilisieren der Halswirbelsäule und Lösen von muskulären Schutzspannungen hätten hier zu neurologischen Ausfällen (Stürzen) und damit zu lebensbedrohlichen Situationen für Reiter und Pferd führen können.

Pferd 2 wurde mir nach akuter Rehe vorgestellt, da es immer noch klamm lief. In der Gangbildanalyse zeigte sich ein Wendeschmerz. Die vom Tierarzt angefertigten Röntgenbilder zeigten ein abgesenktes Hufbein. Die Lösung für dieses Pferd war keine manualtherapeutische Behandlung, sondern ein Spezialbeschlag.

Ich hoffe an dieser Stelle niemanden (v)erschreckt zu haben. Es ist mir nur ein Anliegen in Zeiten von explodierten Kosten Sie als betroffenen Besitzer zu ermutigen, Lahmheitsursachen gezielt auf den Grund zu gehen, um eine Verschlimmerung aufzuhalten und nicht aufgrund des Prinzips Hoffnung Geld an Stellen zu investieren, dass Sie anderorts gut gebrauchen könnten.

Und abschließend: Kein Pferd steht morgens auf und denkt sich "Heute eher nicht so". Pferde, die unrittig sind, in der Performance schlechter werden, apathisch oder aggressiv sind haben ein Problem. Bitte lassen Sie sich niemals und auch nicht von Trainern, Tierärzten, Schmieden oder Sonstigen einreden, dass diese Pferde einfach nur bockig, stutig, schwierig oder sonst was sind. Das ist ein Mythos! Auch dazu könnte ich Ihnen hier Beispiele aufzählen, aber an dieser Stelle soll es genug sein.


 
 
 
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